Studie Pro Diakonia – Zum Selbstkonzept Ständiger Diakone im Zivilberuf im deutschsprachigen Bereich

Die katholische Kirche in Deutschland (und in Europa überhaupt) befindet sich in einem Prozess eines grundlegenden Wandels – vermutlich vergleichbar der Säkularisation vor 200 Jahren, der Reformation vor 500 Jahren oder des Beginns der Reichskirche von 1200 Jahren.
Dieser Wandel von der Volkskirche als geschlossener sozialer Welt hin zu einer wie auch immer gestalteten neuen Form von Kirche geht auch an den Seelsorgenden nicht spurlos vorüber. Hinzu kommen die Erkenntnisse der Missbrauchsstudien zum institutionellen Versagen gerade im Blick auf den Klerikalismus. Das bisherige Selbstverständnis und Selbstkonzept der MitarbeiterInnen der Kirche in der Seelsorge steht in Frage.
Schon seit Jahren ist als Antwortversuch auf den Wandel der Trend zu einer Profilierung in den Berufsgruppen zu beobachten gewesen. Nach dem Motto: „Wir müssen das Profil unseres Berufs und unserer spezifischen Berufung als Priester, Diakon, Gemeinde- und Pastoralreferent:in schärfen, dann gewinnen wir (wieder) an Attraktivität“. Allein der erwünschte Effekt ist ausgeblieben – vermutlich, weil es sich eher um eine Reaktion auf die eigene Verunsicherung angesichts der Rollendiffusion als um ein gesellschaftliches Bedürfnis handelte. Eine nach innen gewandte Perspektive trifft hier auf keinerlei Verständnis (im wahrsten Sinn des Wortes: es wird nicht verstanden, wovon da die Rede ist) im Umfeld der Kirche oder gar des „Außen“.
Zudem ist festzustellen: Für Profilbildung bleibt gar keine Zeit angesichts der Geschwindigkeit und Heftigkeit der disruptiven Veränderungen.
In diesem Kontext ist es von besonderem Interesse, wenn dem Selbstkonzept von Amtsträgern der Kirche wissenschaftlich fundiert nachgegangen wird, zumal, wenn es sich um Amtsträger handelt, die in mehreren Lebenswelten beheimatet sind, weil sie ihren Lebensunterhalt schlicht und ergreifend nicht in der Kirche verdienen. Diakone im Zivilberuf sind in der Welt ihres Zivilberufs und in der Kirche zugleich tätig. Sie sind Brückenbauer und Grenzgänger zwischen Welten – vor allem auch als verheiratete Kleriker. Dies ist zusätzlich noch von besonderem Interesse, weil das kirchliche Amt, das sie ausüben, mit Blick auf die Geschichte höchst volatil, geradezu flüchtig ist.
Im Bistum Limburg wird in diesem Jahr des 50. Jahrestages der ersten Weihe von Ständigen Diakonen gedacht. Ein ganzes Jahrtausend gab es schlicht und ergreifend keine Ständigen Diakone. Es gab und gibt also kein Konzept an das sie direkt anknüpfen konnten. Nicht nur die Diakone der ersten Stunde standen vor der Herausforderung ihrem Dienst als Diakone eine konkrete Gestalt zu geben.
Bei einem Studientag in der Evangelischen Akademie in Frankfurt hat am 25. März Diakon Dr. Norbert Hark von seiner Studie zum Selbstkonzept von Diakonen im Zivilberuf im deutschsprachigen Bereich berichtet. Er hat Diakone im Zivilberuf nach ihrem Selbstkonzept befragt. Die Teilnehmenden an diesem Studientag haben dabei nicht nur vom Selbstkonzept der Befragten erfahren, sondern sich auch im lebendigen Austausch mit dem eigenen Rollenverständnis und der Entwicklung des Berufsbildes befasst. Am Ende standen Erkenntnisse zum Verständnis von Seelsorgenden in einer sich veränderten Kirche, die nicht nur für die Ausgestaltung des Ständigen Diakonates von Interesse sind.
Mathias Wolf, Diakon
